Samstag, 12. März 2011

naturwunder, ein höllentrip und coca

So, nun komme ich auch endlich wieder mal dazu etwas zu schreiben. und obwohl stephie bereits relativ ausführlich über uyuni berichtet hat, muss ich diesmal noch meinen senf dazu geben, da es wirklich ein sehr schönes erlebnis war.

der riesige salzsee (1200qkm) ist sehr beeindruckend. alles ist weiss, soweit das auge reicht, wodurch distanzen schwer einzuschätzen sind. und jetzt wo der see gewissermassen unter wasser steht spiegeln sich die wolken, so dass man kaum erkennt, was oben und was unten ist. einmalig!
das schönste auf unserer tour war für mich aber nicht der salar, sondern die laguna colorada, bzw. die unglaubliche farbenwelt dieses "wüsten-hochlandes". nachmittags färbt sich die laguna colorada blutrot, zuvor ist sie rosa, abends wird sie rostrot und wenn die sonne untergeht wird das wasser blau. dieses naturschauspiel verdanken wir dem zusammenwirken der sonne und des roten krills, der in der lagune lebt. dieser ist auch die nahrung für tausende flamingos, die sich in der lagune tümmeln.
am abend des zweiten tages sind wir von unserer unterkunft zu einem mirador gelaufen. die strecke war vielleicht 500m, doch es windete extrem, und mit unseren atemproblemen (wir waren dort auf ca. 4500m Höhe) brauchten wir etwa eine stunde für hin- und rückweg. doch die mühen haben sich gelohnt. ich glaube diese lagune ist etwas vom schönsten, das ich je gesehen habe.
doch auch der rest der tour bestand aus einem nie gesehenen farbenspiel: pastellgrüne und weisse lagunen, das grün-gelb der vegetation, schneebedeckte berge, deren färbung von blau über grün, rot, gelb bis braun gehen - grandios!
die drei tage im holprigen auto haben sich wirklich gelohnt, auch wenn der rücken jetzt noch schmerzt...

hier zwei fotos von der laguna colorada und vom salar :



seit mittwoch sind wir nun in potosi, der höchst gelegenen stadt der welt, auf gut 4000müM. mittlerweilen haben wir uns recht gut aklimatisiert, anfangs hatte ich ab und zu etwas mühe mit atmen. man fühlt sich schon nicht besonders gut, wenn man nach jedem treppensteigen keucht wie ein "postross". aber nach dem, was wir heute erlebt haben, kann uns die höhe nichts mehr anhaben.
heute waren wir nämlich im cerro rico in einer silbermine. auch wenn alle sagen, dass es in diesen minen echt hart ist, staubig und eng, dunkel und stickig - man kann sich nicht wirklich vorstellen wie es da drin tatsächlich ist. diese minen bestehen aus 6 "etagen", man steigt in die erste ein, dann gibt es darüber zwei und darunter noch drei. normalerweise gehen sie mit den touristen bis in die untereste, wir gingen aber nur in die zweitunterste - da während der carnevalzeit nicht viele mineure arbeiten, war die unterste etage geschlossen. das hat mir allerdings nichts ausgemacht, mir hat der rest gut gereicht. wir hatten recht gute staubmasken, die allerdings viel zu einengend waren, wenn man heftig atmen musste. viele mineure arbeiten ganz ohne maske oder nur mit einem tuch vor mund und nase. deshalb erkranken die meisten an einer krankheit namens silikosis, bei der die lungen mit staub gefüllt werden. irgendwann beginnt man blut zu husten und stirbt daran. mineure die über 30/40 jahre in der mine arbeiten erkranken zu 100% daran. die meisten haben eine lebenserwartung von unter 50 jahren. trotzdem arbeiten tausende arbeiter in den minen, da sie dort etwa das doppelte verdienen als anderen berufen. es gibt auch sehr viele kinder, die in den minen arbeiten, da sie ihre familien ernähren müssen. einer unserer führer war seit seinem zwölften lebenjahr in der mine. jetzt ist er 25 und hat das glück einen job als guide gefunden zu haben.

im cerro rico wird seit der spanischen kolonialzeit silber abgebaut. damals haben die spanier die indigenen gezwungen in den minen zu arbeiten; aus dem silber wurden münzen für spanien hergestellt. obwohl die bedingungen heute immer noch schlimm sind - damals waren sie echt grausam. die indios durften die mine 6 monate lang nicht verlassen und arbeiteten 20h täglich. es heisst, dass über 8 millionen menschen damals vom berg "gefressen" wurden. mit dem silber, das abgebaut wurde, könnte man eine brücke von bolivien nach spanien bauen - genauso wie mit den leichen der mineure.
heute sterben noch etwa 25 menschen im jahr in den minen, meist durch einstürze oder fehlzündungen. die mineure glauben an den gott "tio", den teufel, der die minen beherrscht. in jeder mine hat es eine statue von ihm. man opfert ihm kokablätter, alkohol oder zigaretten. manche mineure arbeiten bis zu 24h am stück. währenddessen kauen sie haufenweise coca (das ausdauernd macht und hunger und müdigkeit vertreibt) und sie trinken einen 96prozentigen schnaps, gemischt mit wasser oder fruchtsaft. wie die so betrunken arbeiten können, ist mir wirklich ein rätsel - mir wurde schon nach 3 kleinen schlücken etwas schummrig. durchhalten können diese leute die ganzen strapazen nur mit einem unglaublichen galgenhumor. sie wissen, dass sie früh sterben werden und eigentlich nur arbeiten, dass ihre familien irgendwann von der rente profitieren werden. trotzdem sind sie stolz mineure zu sein.

wir sind also in diesen berg hinein, mit schutzkleidung, stiefeln, helm und lampe. die stollen sind meist sehr niedrig, ich habe mir unzählige male den kopf angestossen und war sehr froh um den helm. manchmal musste man sogar kriechen bzw. robben. das ist wirklich nichts für leute über 1.70m! ausserdem ist es sehr heiss, je tiefer man kommt. es ist extrem staubig, ausserdem hat es an gewissen stellen giftige gase. wir mussten beinahe senkrecht ein loch hinunter klettern. abwärts ging's aber noch - wirklich schlimm wurde es erst beim aufstieg. mit dem atmen gings aber mit der zeit immer besser; ich glaube das coca-kauen hat wirklich etwas gebracht. wir haben es schliesslich heil überstanden und es war wirklich ein sehr eindrückliches erlebnis. und wenn man wieder draussen ist, weiss man das leben an der erdoberfläche irgendwie mehr zu schätzen. beim gedanken, dass tausende menschen täglich über jahre hinweg in diese löcher steigen, wird es einem beinahe übel.

übrigens, noch zum coca (wenn ich das schon mal ausprobiert habe, muss ich auch mal was darüber schreiben - gehört schliesslich ebenfalls zum erlebnisbericht): man kauft also eine ganze tüte davon auf dem markt und schiebt ein blättchen nach dem anderen in den mund. man sollte aber nicht darauf kauen wie auf kaugummi, dann zerbröselt alles im mund. vielmehr muss man einen brei zurechtkauen, denn man dann als ballen in die backe schiebt und den saft raussaugt. den ballen behält man bis zu zwei stunden im mund und nimmt immer wieder neue blätter dazu. anfangs kriegt man davon einen tauben mund, wie etwa nach einer spritze beim zahnarzt. aber mit der zeit merkt man kaum mehr etwas davon. schmecken tut's aber nicht gut, es ist hauptsächlich bitter. ausserdem greift es schleimhäute und zähne an, weshalb die mineure alle verfaulte zähne haben.

so, das war mal wieder ein sehr langer eintrag. herzlichen glückwunsch an alle, die bis hier durchgehalten haben! hier ist es staubig und 40 grad heiss. viel spass beim aufstieg!

5 Kommentare:

  1. ich habe gespannt von deinem erlebnisbericht mit den cocablättern gelesen, aber: sag, WIE wirkt es? das wollen wir doch jetzt alle wissen!:)

    AntwortenLöschen
  2. das war ja klar.. :-) nein, man merkt eigentlich nicht viel von der wirkung, abgesehen vom tauben gefühl im mund. es soll ja gut sein gegen müdigkeit und hunger und gegen höhenkrankheit. und ich hatte bis jetzt das gefühl, dass das auch stimmt. besonders wenn man etwas mühe hat mit atmen wegen der höhe, geht es mit coca schon viel besser. abgesehen davon habe ich aber keine grossen veränderungen an mir festgestellt. :-) im coca-museum heisst es auch, dass es eine euphorische stimmung macht und so. im prinzip hat es die wirkung von kokain, einfach viel weniger heftig (obwohl ich das nicht aus eigener erfahrung bestätigen kann). einer der minenarbeiter, der mich gefragt hat ob ich schon mal kokain probiert hätte, war übrigens recht erstaunt als ich nein sagte. offenbar ist das heute üblich..
    wahrscheinlich merkt man mehr von der wirkung je mehr blätter man in den mund stopft. ich hatte bis jetzt nicht so viel, weil es auch nicht besonders gut schmeckt, deshalb war die wirkung wohl auch nicht so heftig. am besten probierst du es selbst mal aus! :-)

    AntwortenLöschen
  3. ps. was ich am wichtigsten finde: coca erhöht die sauerstoffaufnahme des blutes, weshalb es in diesen höhenregionen auch konsumiert wird. und es hat anscheinend sehr viel vitamin a.

    AntwortenLöschen
  4. wow! drogen mit gesundheitsfördernden inhaltsstoffen :D so gäbig;) ob ich es selbst ausprobieren will? naja, so hoch hinaus wie ihr komm ich ja glaub nicht grad und abgesehen davon: kriegt man das in der CH überhaupt? oder nur am claraplatz nachts um halb zwei;) (wo der dealer es dann aber mit koks verwechselt und ich dir die wirkung davon dann wenigstens aus eigener erfahrung bestätigen könnte^^)

    AntwortenLöschen
  5. natürlich! coca wurde sehr lange als heilmittel verwendet. bekanntlich hatte es ursprünglich auch im coca-cola coca drin, wie der name schon sagt. die verteufelung der pflanze kam erst mit dem verbot des kokains.
    ich glaube nicht, dass man coca-blätter in der schweiz auftreiben kann. :-) falls du das mit dem claraplatz tatsächlich versuchst, möchte ich nachher unbedingt einen erlebnisbericht von dir (vorausgesetzt du lebst dann noch!) :-)

    AntwortenLöschen